Prof. Dr. A. A. Bispo, Dr. H. Hülskath (editores) e curadoria científica
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No. 83 (2003: 3)


 

    Entidades promotoras
    Akademie Brasil-Europa
    I.S.M.P.S. e.V./I.B.E.M.: Institut für Studien der Musikkultur des portugiesischen Sprachraumes/Instituto Brasileiro de Estudos Musicológicos
    ACDG: Associação Cultural Cante e Dance com a Gente (Novo Hamburgo RS)
    Institut für hymnologische und musikethnologische Studien e.V. (Maria Laach)

    Direção geral
    Dr. Antonio A. Bispo
    Direção Forum RS
    Dra. Helena de Souza Nunes, Rodrigo Schramm

© Foto: H. Hülskath, 2002
Archiv A.B.E.-I.S.M.P.S.

 

- DIE SAMBASCHULE ALS ALTERNATIVE FÜR MUSIKERZIEHUNG -

[Zusammenfassender Bericht]

Luciana Press

 

Die Vorstellung dieses Projekts beginnt mit einem symbolischen Akt. Mit dem Vortrag des Samba "Der Bamba ist meine Leidenschaft" wird spielerisch und vieldeutig "der Weg zur Kommunikation" mit den Zuhörern eröffnet. Wenn es sich auch um einen Kongreß euro-brasilianischer Studien handelte, schien es den Organisatoren wichtig, daß dieses Projekt, das vor allem die Bevölkerung afro-brasilianischer Herkunft betrifft, vorgestellt wird. Die Referentin selbst stammt aus einer deutschen Familie und es war für sie ein regelrechter Kulturschock, in einer Samba-Schule mitzuwirken. Zwei Jahre nahm sie an den Proben und Auftritten der Samba-Schule teil, und seitdem hat sie den Kontakt zu ihr nicht verloren. Die Begegnung mit der Samba-Schule ließ sie ihre Fremdheit spüren, sie fühlte sich wie nie zuvor "deutsch". Diese Befremdlichkeit bedeutete für sie auch der Beginn eines Prozesses des Bewußtwerdens ihrer eigenen Kultur. Die Kontraste waren maßgeblich in sozialer, materieller und anderer Hinsicht. Aus dieser Erfahrung ist das Thema entstanden, die Bedeutung der Samba-Batterie in der Musikerziehung zu behandeln.

Die Forschungen erfolgten zwischen 1997 und 1998. Die Referentin nahm Kontakt zur wichtigsten Samba-Schule von Porto Alegre, zur "Bamba da Orgia", auf. Diese Samba-Schule bringt jährlich etwa 3000 Teilnehmer auf die Straße, darunter zirka 300 Rhythmisten der Batterie. Seit der Beendigung der Forschung nahm sie an mehreren Tagungen teil, um für eine andere Denkweise gegenüber der Batterie der Samba-Schule zu plädieren. Die neuen Konzepte über die Differenzen der sogenannten populären oder informellen Kultur sollten alternative Reflexionen über Erziehung und Musik motivieren. Es handelt sich nicht um Verfahrensweisen innerhalb institutioneller Rahmen, sondern um Reflexion über die festgefahrenen Praktiken in den Schulen, freien Akademien und Universitäten.

Zu Beginn der Forschung beobachtete die Referentin nur die Proben. Ihr Interesse galt der Batterie. Obwohl sie Gitarristin ist, wollte sie als kulturanthropologische Erfahrung der Befremdung in einem anderen musikalischen Bereich wirken. Sie wollte die Differenz erleben. Gerade diese Situation der Unsicherheit konnte die Forschung bereichern und erforderte neue methodologische Wege. Mit ihrer deutschen Herkunft und akademischen Ausbildung war es ihr zunächst befremdlich, Tamborin zu spielen. Die Auswahl dieses Instruments war auch dadurch bedingt, daß es bereits von einigen Frauen gespielt wurde. Denn in einigen Gruppierungen der Batterie ist die Teilnahme von Frauen undenkbar, allein schon deshalb, weil dazu große physische Kraft erforderlich ist. Aber auch symbolische Gründe spielen eine Rolle. Die Tamborins sind jedoch leicht und klein und widersprechen nicht allzusehr dem Bild des Weiblichen.

Zunächst versuchte sie, darauf zu achten, wie das Instrument erlernt wurde, welche Kriterien seine Auswahl bestimmten, wie die Beziehung zwischen Meister und Rhythmisten war. Die Aufmerksamkeit wurde bald auf die Bedeutung der Nachahmung gerichtet, die in der Musik eine sehr starke Rolle spielt. In der Samba-Schule wird nämlich ohne Partitur gespielt, so daß das Visuelle, das Persönliche, die Wahrnehmung der Bewegung Anderer sehr wichtig ist. Vieles erfolgt auf der Basis der Imitation, im allgemeinen ohne sprachliche Erläuterung. So spielt der Körper eine wichtige Rolle. Der Mensch vertraut - nach den Worten eines Anthropologen, der die Bedeutung des Körpers analysierte - dem, dem er Autorität verleiht und den er kopiert. Die Handlung verbindet sich mit einer Beziehung von Respekt und Anerkennung. Der Mensch folgt einem Modell, das als positiv erachtet wird.

Die Körperhaftigkeit der Rhythmisten spielte beim Lernprozeß eine grundlegende Rolle. Die Choreographie war bei den Proben wichtig, Tanzen und Singen waren hinsichtlich der formalen Struktur der Musik wegen des Fehlens von Noten maßgeblich. Alle Musikstücke wiesen gestische Momente auf, die ihnen innewohnten. War es nur Ludik? Zunächst schien alles nur Spiel. In Wirklichkeit aber dienten die Gesten dazu, den Mechanismus des Gedächtnisses in Gang zu setzen. Es ist nicht einfach, die Gesten und die Bewegungen auswendig zu lernen, da sie zahlreiche Bremsen ("breques"), Veränderungen, Stops beinhalteten. Es geht nicht nur darum, "gerade zu spielen" ("tocar reto"), was nicht die Qualität der Batterie erhöht. Diese Qualität wird durch "Bremsen" bestimmt. So ist das Arrangement für die Batterie eine wichtige Aufgabe des Meisters. Es steht in selbstverständlicher Beziehung zum Körper, da auf der Straße beim Gehen gespielt wird. Die Synchronisierung des Gehens mit den Schlägen muß demnach präzise sein.

Es können drei basale Funktionen beim Lernen unterschieden werden: 1. basale Viertelnoten; 2. Singen des Sambas mit seinem Rhythmus - der Text ist ausschlaggebend für bestimmte Momente des Arrangements; 3. Beherrrschung des Rhythmus des Instruments, der nicht notwendigerweise mit dem der Samba zusammenhängt.

Was bei einer Fernsehübertragung leicht erscheint, war zwar für die Teilnehmer leicht, ist aber in Wirklichkeit gar nicht so einfach. Es geht hier um körperliche Rhythmen, die in Bezug zueinander stehen.

Im Kontext der Samba-Schule wird die Aufmerksamkeit auf den Prozeß der Sozialisation gerichtet. So behaupten die Mütter stets, ihr Kind habe alleine zu spielen gelernt. Überall sind aber kleine Kinder zu sehen, die an den Proben teilnehmen. Übrigens ist die Integration aller Altersklassen bemerkenswert. Die Kinder hören seit frühester Kindheit den Schlag und partizipieren daran. Wenn sie ein Instrument erhalten, dann können sie es schon spielen. Die motorische Koordination ist da, die Rhythmen sind verinnerlicht. Die Kinder haben in der Welt der Samba-Schule gelernt. So können in einer Familie alle Kinder von alleine gelernt haben, Instrumente zu spielen.

Der Meister symbolisiert zwar die Rolle des Lehrers, stellt aber immer klar, daß er nicht da ist, um zu lehren. Ihm obliegt es eher, Arrangements zu gestalten und die Batterie zu komponieren, als den anderen das Einmaleins des Spielens beizubringen. Er teilt seine Funktion mit anderen in der Schule. Das solidarische Denken ist vorherrschend. Man weiß, daß, wenn die Schule auf die Straße geht, es sich nicht um individuelle Auftritte, sondern um eine Gruppen-Darstellung handelt.

Wenn man an die Musikschulen denkt, dann erkennt man, daß es Stoff für Polemiken gibt. Es geht hier auch um die Einteilung in Kunst- und Volksmusik. Wer z.B. in Deutschland nach Gitarre-Unterricht sucht, ist offenbar nicht mit so vielen Problemen konfrontiert wie in Brasilien, wo die Kluft zwischen E- und U-Musik noch sehr tief ist. Gerade in einem Land mit einer reichhaltigen Tradition des Gitarrenspiels in der Popularmusik - Chorinho, Samba, Bossa-Nova - sind hier die Grenzen noch sehr deutlich. Diese Konflikte haben ihre Wurzeln in der Dichotomisierung der Kultur.

Diese Dichotomie sollte diskutiert werden, denn sie ist ein Ergebnis der Kolonisierung mit der Abwertung dessen, was von den weniger privilegierten Klassen produziert wird. Sie prägt noch den Musikunterricht, obwohl sich heute bereits vieles geändert hat. Man beginnt, die Musik der Straßen zu hören. Man reflektiert über die Eigenart der Brasilianer zu musikalisieren in einer Form, die eher der Realität entspricht. Alda Ribeiro z.B. fragt danach, wer das Repertoire bestimmt, welches die Kriterien sind, um ein besseres Repertoire auszuwählen, welche Methoden am effizientesten sind.

Infrage gestellt wird somit angeblich Gesichertes in der Lehrpraxis. Die Erfahrung der Samba-Schule ist bedeutsam für die Reflexion über den Unterrichtsprozeß: es ist meine Schule, die auf die Straße geht, ich zeige meine Identität. Die Bedeutung der Sozialisation ist offenkundig. Nichts mehr von Begabung aus Gnade. Irrtürmer und Erfolge sind kollektive Errungenschaften, es geht hier um eine gemeinsame erzieherische Aufgabe. Das wichtigste Ziel liegt darin, eine schöne Schule vorzustellen.

Es ist dringend, die mündlichen Traditionen zu beachten. Man soll die Entwicklung der Technologie beachten, die Ohren aber auf die Musik der Straße richten. Musikerziehung muß in Gleichklang mit der sozialen und kulturellen Realität stehen.

[Aus der Tonaufnahme des Vortrags]

 

Texto incompleto e sem notas/Unvollständiger Text ohne Anmerkungen
Da publicação:/Aus der Veröffentlichung:
Musik, Projekte und Perspektiven. A.A. Bispo u. H. Hülskath (Hgg.).
In: Anais de Ciência Musical - Akademie Brasil-Europa für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft. Köln: I.S.M.P.S. e.V., 2003.
(376 páginas/Seiten, só em alemão/nur auf deutsch)
ISBN 3-934520-03-0

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